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Der Krämerstein Am Weg nach Walsdorf, etwa 50 Meter vom südlichen Rand des Bürgerspitalwalds, steht ein großer Stein, welcher im Flurplan als „Krämerstein“ bezeichnet ist. Dort soll ein französischer Hauptmann, der seiner Truppe vorausritt, vom Wald aus von einem Forstgehilfen vom Pferd geschossen worden sein. Er wurde von seiner Truppe an Ort und Stelle begraben. Die Truppen, die den Wald besetzt glaubten, zogen sich zurück. Dadurch blieb die Ortschaft Tütschengereuth von dieser französischen Truppe verschont. XXVI. Abschnitt: Die Zent Hoheneich Die Würzburgische Zent Hoheneich bildete bis zum Ende des 18. Jahrhunderts einen Gerichtsbezirk zwischen den beiden Hochstiften Bamberg und Würzburg. Urkundlich wird die Zent erstmals im Jahr 1320 erwähnt und trägt im Zentbuch des Fürstbischofs Julius von Würzburg die Nummer 32. Die Zent war ein Hochgericht und hatte den Blutbann, d. h. das Recht über Leben und Tod. Vor dieses Gericht wurden nur die sogenannten Hohen Fälle oder Rügen, nämlich Mord, Brand. Raub und Notzucht, gebracht. Die Zent war begrenzt von den Zenten Baunach und Bamberg im Osten, von der Zent Burgebrach im Westen und von der Zent Eltmann im Norden. Der Gerichtsort lag zwischen Tütschengereuth und der Wasenmeisterei bei Walsdorf, der dazugehörige Galgen stand eine Viertelstunde südlich des Gerichts, ungefähr 300 Meter von der Wasenmeisterei entfernt. Er konnte von der Gerichtsstätte aus gesehen werden. Heute zeigt leider nichts mehr die Stelle des Gerichts oder des Galgens an. Nur die Flurnamen Zentäcker, Schranne, Eichholz, Diebsbaumweg und Galgenäckerlein sind fortdauernde Zeugen dieses Hochgerichts. Der Name erklärt sich wohl aus einer auffälligen hohen Eiche, unter der das Gericht tagte. Bei schlechtem Wetter wurde das Gericht inTütschengereuth abgehalten, und zwar im sogenannten „Zöllnershof“, heute Hs.-Nr. 64 (Besitzer Vornlocker). Dem Gericht stand der sogenannte Zentgraf vor, der vom Ältesten zu Lisberg ernannt und vom Würzburger Bischof bestätigt wurde. Der Burgturm zu Lisberg diente für die Orte diesseits des Mains und der Burgturm zu Trunstadt rechts des Flusses als Gefängnis. Die Herren auf Lisberg, die Aschhausen, Giech, Schaumberg und zuletzt Münster, zu Walsdorf die Crailsheim und zu Trunstadt die Fuchs von Bimbach waren nacheinander „Ganerben“ an der Zent Hoheneich. Über die Geschichte der Zent Hoheneich wurde folgendes festgestellt: 1335 wird das Gericht als Lehen des Heinrich von Hohenberg genannt.1385 spricht das Kaiserliche Hofgericht das Gericht zu Hoheneich dem Apel Fuchs von Eltmann zu.1466 Herr Hans Fuchs hat den halben Teil, den anderen Halbteil haben von Lisberg Schaumburg; von Tunfeld und von Truchseß zu Pommersfelden je ein Sechstel und der Bischof von Würzburg zwei Sechstel. 1483 Bischof Rudolf verleiht dem Oswald von Lisberg ein Sechstel.1510 sind Zentgraf und Schöffen zu Hoheneich von Bamberg in die Acht erklärt worden.1584 kauft das Hochstift Würzburg den halben Teil der Zent von Georg Christoph Fuchs von Bimbach.1685 tritt Würzburg einen Teil der Zent an Bamberg ab.1688 werden Oberhaid, Unterhaid, Staffelbach und Bischberg an Bamberg abgetreten.1742 wurde die Zent vermarkt. Zur Zent Hoheneich gehören folgende Dörfer und Orte:Drasdorf (Trosdorf) Niederhaid (Unterhaid) Bischoffsberg (Bischberg) Viehried (Viereth) Weipelsdorf Weyer (Weiher)(Münchbergisch zu Bamberg) Trunstadt Rothof (Spital zu Bamberg) Raßstadt (Roßstadt) Creuzach (ein Hof zu Kreuzschuh) Lembach Mühlendorf Stückbrunn Erln (Erlau) Herttentind (Hartlanden) Walsdorf Denstadt Zettlsdorf (wahrscheinlich eingegangen) Colmdorf (Kolmsdorf) Dissbach (ein Hof, und zwar Weitzendorf der Creusenhof bei Dippach) (wahrscheinlich Feigendorf) Lautter Tütschengereuth Mittelmühl zu Dissbach (Zöllnerisch und Bergisch) (Mittelmühl bei Dippach) Staffelbach Etliche Güter zu Gaustadt Oberhaid Lisberg und Trabeisdorf liegen auch in dieser Zent, waren aber zentfrei. Aus folgenden Orten waren Schöffen bei der Zent Hoheneich: Staffelbach, Unterhaid, Oberhaid, Viereth, Trunstadt, Roßstadt, Trosdorf, Bischberg,Mühlendorf, Erlau, Walsdorf und Kolmsdorf. Die Ortschaft Tütschengereuth stellte den 13, oder Notschöffen, und zwar war dieses Amt auf die jetzige Hs.-Nr. 62, wo früher eine Familie Geiger wohnhaft war. Dieser Notschöffe hatte nur dann zu entscheiden, wenn bei den 12 Schöffen je sechs dafür oder auch dagegen waren. Den Vorsitz bei der Gerichtsverhandlung führte der Zentgraf. Er hatte seinen Sitz in Eltmann. Bei der Gerichtsverhandlung erschien er in Ritterausrüstung, Harnisch mit blechernen Handschuhen, einem Schwert in der linken und einen Stab in der rechten Hand. Jeder Schöffe musste gleichfalls ein Schwert haben. Zentgraf und Schöffen waren durch hölzerne Schranken von den Zuschauern getrennt.Über den Notschöffen zu Tütschengereuth findet sich im Zent-Register des Jahres 1584 im Staatsarchiv Würzburg folgender sehr interessanter Eintrag:Tütsengereut Geörtt im beede thejll der Zenth, müssen alle Hochgerichtt besuchen, vnnd Ihrem Nottschöpffenn di Ruegen furpringen, vnnd hattten di zwene Hoffe, dessen vom Bergs vnnd des Zöllners dem Nottschöpffen, ein jähr vmbs ander, der Hoff vntterm Zöllner mues das Gerichtt, Stokk vnnd Schrannen bauen. Übersetzt heißt dieser Eintrag: Tütschengereuth gehört in beide Teile der Zent, müssen alle Hochgericht besuchen, und Ihrem Notschöffen die Rügen fürbringen, und halten die zwei Höfe, dessen vom Bergs und des Zöllners dem Notschöffen, ein Jahr ums ander, der Hof unterm Zöllner muß das Gericht, Stock und Schrannen bauen. Dieser Eintrag sagt uns, daß Tütschengereuth, beide Teile, zur Zent Hoheneich gehörten und daß die beiden Höfe vom Berg und Zöllner den Notschöffen ein Jahr ums andere bestimmten. Ferner ist in diesem Eintrag urkundlich bezeugt, dass der Hof unterm Zöllner das Gericht, Stock und Schranne zu bauen hatte. Wie schon erwähnt, wurden bei den Zentgerichten nur die Hohen Fälle oder Rügen wie Mord, Brandstiftung, Diebstahl und Notzucht abgeurteilt. Aber auch Ehebruch kam vor das Zentgericht. Verteidiger waren bei der Zent Hoheneich nicht zugelassen. Berufung war möglich beim Brücken- oder Stadtgericht Würzburg oder beim Reichskammergericht in Speyer. Nach der Zentordnung des Bischofs Julius von Würzburg aus dem Jahr 1576 war folgendes bestimmt: „Alle Montag nach jedem gülden Sonntag wird an der gewöhnlichen Gerichtsstatt zu Hoheneich auf der Schrannen im Holz, oder wann Ungewitter ist, zu Tütschengereuth im Dorf Hohegericht gehalten.“ Die höchste Geldstrafe ist 30 Pfund. Wurde ein schwerer Verbrecher nicht zum Tod verurteilt, hatte der Ankläger die Kosten zu tragen. Weshalb man sagte, dass die übeltäter in der Zent Hoheneich gehegt werden. Bis zum Jahr 1584 wurde nichts aufgeschrieben. Vom Jahr 1584 ab wurden Gerichtsprotokolle geführt und in ein Buch eingetragen. Dieses Buch nahm der Zentgraf mit nach Eltmann, wo es leider verschwunden ist. So daß uns über diese Zeit keine Unterlagen zur Verfügung stehen. Nur über die beiden letzten Verhandlungen konnten in den Pfarrmatrikeln von Trunstadt und im Crailsheimschen Archiv zu Walsdorf noch Aufzeichnungen gefunden werden. Diese sollen als Abschluß dieses Abschnitts wiedergegeben werden. I. Die heute bei Hinrichtung dreyer boshafter Dieben Georg Vetter, Christoph Vetter und Gabriel Vetter ganz erzürnt gewesene, nun aber wieder besänftigte, heilige Gerechtigkeit, da auf gründigst und gnädige Erkenntnis eines gemeinschaftlichen Gericht Hoheneicher Zent, alle drey in gleicher Blutsfreundschaft, auch gleichen Verbrechens ergriffen, in dem ihr zu Ehren neu errichteten Tempel, ein Opfer für ihre eigenen Sünden, ein abschreckendes Beispiel für alle ihnen Gleichende. Am Strang zu seyn verdammt wurden. Tütschengereuth, den 25. Oktober 1771 CUM PERMISSU SUPERIORUM. (Mit Erlaubnis der Obern) Todes-Urtheil Als wurde zu Recht erkannt, daß diese drey verruchte Diebe nach Anleithung der peinlichen Halsgerichts-Ordnung Art. 160, sämtliche wegen beträchtlichen Art.162, wegen öfters wiederholten Art. 159, wegen mit gewaltsamer Einsteigung und gefährlicher Erbrechung in Verbindung mit Waffen, auf eine aufrührische Weise begangenen Diebstählen zu ihrer wohlverdienten Straf durch den Strang vom Leben zum Tod hingerichtet werden sollen. V. R. W. (Von Rechts wegen) Lecta lata publicata (Gelesen, vorgetragen und bekanntgemacht) Tütschengereuth. den 25. Oktober 1771 II. Der längstens Übel Verufene Erlauer, keineswegs ehrliche, im Zuchthaus im Gefängnissen, alleine ohne Besserung, öfters schwer gesessene untreue HauptDiebs-Wirt Kaspar Kühn, genannt Urban, mußte auf gnädigst und gnädige Erkenntnis eines gemeinschaftlichen Gerichts, Hoheneicher Zent, seinen bereits den 25. Oktober 1771 am lichten Galgen erstickten, gleichverruchten Diebs-Gesellen in gleicher Todes-Straf Gesellschaft leisten. Tütschengereuth, den 3. April 1772 CUM PERMISSU SUPERIORUM. (Mit Erlaubnis der Obern) Todes-Urtheil Als wurde Hiermit zu Recht erkannt und ausgesprochen, daß dieser Inquisit (grausam Verhörte) Kaspar Kühn, genannt Urban, wegen Größe der einbekannten,beträchtlichen Diebstählen Art. 160, dann derenseiben oftmaliger Wiederholung Art. 162, nicht minder auch wegen der Gefährlichkeit der Einsteige- und Erbrechungen Art. 159, Jermassen die mehreste davon in Verbindung mit anderen Leuten und mit Waffen geschehen, dessen Helfer allschon an den Galgen vorausgegangen, mit der nämlichen Todesstrafe zu belegen sey.V. R. W. (Von Rechts wegen) Lecta lata publicata (Gelesen, vorgetragen und bekanntgemacht) Tütschengereuth, den 3. April 1772 In der Pfarrmatrikel zu Trunstadt ist über diese letzten beiden Hinrichtungen folgendes zu lesen: Am 20.Oktober 1771.Georg Vetter aus Schwürbitz, Diözese Bamberg, im Alter von S6 Jahren, wegen sehr vieler Diebstähle und schlechter von der Jugend bis zu seinem 54. Jahr begangener Verbrechen, zu welcher er alle seine Söhne und Töchter aufs schlimmste verführt hatte, mit seinem Sohn Gabriel 18 Jahre alt, dem durch besondere Gnade des Hochwürdigsten Fürstbischofs zu Würzburg, am Ort der Hinrichtung, beim Besteigen der Leiter, das Leben geschenkt worden ist, und mit Christoph Vetter, seinem verheirateten Neffen, unter Zurücklassung der Frau und zweier Söhne, am Galgen zu Hoheneich hingerichtet. Ihnen standen bei in den letzten drei Tagen: Martin Marquart, Pfarrer in Trunstadt, mit seinen zwei ehrwürdigen, hochgelehrtesten Kaplänen Laurentius Wehner und Franziskus Mathäus Achtmann. Und zu dieser Dienstleistung aus dem Bamberger Jesuiten-Collegium drei Priester, Lehrer der Theologie, nämlich: Der Hochwürdige Pater Burkhard, Prediger des Jesuitenordens, der Hochwürdige Pater Heinrich Wiesner. Professor der Moral. Der ehrwürdige Pater Pabstmann. Festprediger des hohen Domes.Die auch unter Zustimmung des vorgenannten Pfarrers die Beichten der zum Tode Verurteilten abnahmen und zugleich mit dem Pfarrer und dessen Kaplänen sie zum Galgen begleiteten, auch in Gegenwart des ehrwürdigen Paters Gundelbach und, soweit die menschliche Schwachheit es zu wissen zulässt, alle drei Schuldigen zum frommen Tod vorbereiteten. Am 3. April 1772. Es ist ohne jedes Sakrament und ohne jedes Zeichen der Reue am Galgen auf·gehängt worden: Kasparus Kühn, genannt Urban, ein ganz großer Dieb, zu Herpf in SachsenMeiningen geboren, im Alter von zirka 30 Jahren und verheiratet, katholischer Religion, dessen Frau aber bekanntermaßen in Tiersheim im Gefängnis verwahrt wird. In den letzten drei Tagen, die ihm als Frist gegeben wurden, konnten ich, Martin Marquart, zur Zeit Pfarrer in Trunstadt, und der mir ohne Vorurteil zur Seite stehende Hochwürdigste Ordensmann in Christus Pater Magnus Kaiser aus dem Orden der Prediger. zur Zeit Kuratus in Lisberg, ihn auf keine Weise zum Beten und zum Beichten bewegen, sondern im Kerker in den letzten drei Tagen, so auch bis zum letzten Augenblick seines Lebens schrie er: O Tor, ich bin ehrlich, ich beichte nicht, ich verzeihe nicht. Die Volksüberlieferung erzählt zu dieser Hinrichtung: Als die Volksmenge bei der Hinrichtung das Bußlied: „Tu auf, tu auf, o Sünderherz“ sang, schrie er: „Tu auf, tu auf Dein Beutelein, der Wirt der will bezahlet sein.“ (Kühn war nämlich auch Gastwirt in Erlau.)
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