standort

Ahaus, OT Wüllen, Bauerschaft Unterortwick, Kreis Borken, ca. 350 m nördl. des Kreisel Vredener Dyk K20-L560, Wäldchen im Winkel Ottensteiner Weg-Raiffeisenstraße (ausgesch.) ‘Gogericht Ton Steenern Crüce’  

steinkreuz unterortwig kopie lit. w. brockpaehler 1963
detail darstellung
detail darstellung

Obertägige Maße: Höhe ges. ca. 3 m, Br. 1,25, T. m. Rel. 0,40, Korpus Chr. 1,45, die Nachbildung eines romanischen Steinkreuzes aus Sandstein lat. Form, 12. Jh., wurde 1909 am Platze des alten Frei- und Femegerichtes, später Gogericht, aufgestellt; davon zeugt die steinerne Inschriftstafel am Fuße des Sockels, sowie die Hinweistafel vor Ort; der Rest des originalen Kreuzes aus Bentheimer Sandstein, etwa der bis an die Kreuzarme reichende Schaft (s.r. Seitenansicht) lag zuletzt umgefallen am Platze, kam 1836 auf den Hof Lölver, von dort auf das Gut Sonderhaus bei Ahaus (Besitzer Freiherr v. Schorlemer-Alst) und schließlich 1908 ins Landesmuseum Münster; der Korpus Christi im Relief ist von den Füßen bis zu den Hüften erhalten, bekleidet mit einem bis über die Knie reichenden Schurz, dessen Enden lang herabhängen; die Füße stehen auf einer T-förmigen Stütze (nach Lit. Krumbein das Abbild der geknickten Irminsul, s. Rubrik Geschichte-Irminsul); oben an beiden Seiten des Schaftes je eine eingemeißelte Doppelspirale (n. Krumb. germ. Heilszeichen als Sonnensymbol - aber auch Darstellung der Irminsul, Verf.); mit derartiger Symbolik drückte das aufkommende Christentum seinen Sieg über das Heidentum aus; hinsichtlich der verbliebenen Gegebenheiten wurde die Nachbildung dem Vorbild des bekannten Kruzifixes Herrgott von Bentheim angeglichen (s.u. Rubrik NI-B. Benth.)

Krumbein deutet beide Kreuze als Gerichtswahrzeichen, als Hoheitszeichen des irdischen christlichen Gerichtes; dargestellt sei nicht der gekreuzigte Heiland, sondern Jesus Christus als lebender höchster Richter der irdischen Welt und des Universums; das Wüllener Kreuz war das Wahrzeichen des nach ihm benannten Gogerichtes ‘Zum Steinernen Kreuz’ zu dem die Kirchspiele Wüllen, Wessum, Alstätte und die Ahauser Bauerschaft Ammeln gehörten; dieses Gericht war ursprünglich Eigentum der Edelherren von Ahaus, die es 1406 an den Fürstbischof von Münster abtreten mussten; es bestand bis 1803; nach einer in Lit. Phlippi wiedergegebenen Beschreibung von 1571 tagte dieses Gericht zur Abhaltung der Goedinge, also der großen ordentlichen Gerichtssitzungen, dreimal im Jahr ‘up den velde twisschen Ahaus, Wullen, Wesshem tom negsten by dem staenden steinen cruitz’ und zur Behandlung von bürgerlichen oder anderen kleineren Sachen nach dem Gefallen des Richters in Ahaus; eine Bereicherung neuerer Zeit stellt der Steintisch mit Sitzblöcken vor dem Kreuze dar, der auf seiner Oberseite die eingerillte Darstellung eines Schwertes zeigt, das Symbol des mittelalterlichen Frei-, Feme- oder auch Hochgerichtes (Verf.); ein Steinerner Tisch dient der Verortung und Vermarkung eines Gerichts- und Verhandlungsortes in der Landschaft; er ist somit als Symbol für eine Gerichtshoheit anzusehen; in Thüringen sind zahlreiche Steinerne Tische bekannt; häufig sind sie auch mit Sitzbänken versehen; als historische Orte werden sie häufig von Vereinen und Kommunen gepflegt (Quelle: ...wikipedia.org)

die Örtlichkeit erlangt Bedeutung, da sie an der Schnittstelle zweier uralter Wege liegt; der Nord-Süd führende Weg ist der alte Demter- oder Deventer Hellweg, der von Gescher kommt und über Wessum-Altstätte nach Holland führt; bis zur Abpfarrung im 13. Jh. war er gleichzeitig Kirchweg von Wüllen zur Urpfarre Wessum; ca. 1 km südöstl. des Kreuzes sind beim ehem. Kalkwerk Wüllen (bis 1995) im Jahre 1959 an diesem Wege römische Münzen gefunden worden; der Demter Weg muss nun nahebei zwei weitere alte Wege gekreuzt haben, wie jenen zwischen Schöppingen-Ahaus-Ottenstein-Vreden und Epe-Wessum-Stadtlohn; das Denkmal steht in der Flur namens Flör, dem Quellgebiet der beiden Flörbäche, die in die Ahauser Aa fließen; aus diesen Gesichtspunkten heraus sind wohl die Voraussetzungen gegeben, dass hier im Ursprung eine alter Versammlungsplatz gewesen ist (Verf.)   

detail hinweistafel
detail darstellung
detail inschrift

Quellangaben: Lit.: 1. Wilhelm Brockpähler, Steinkreuze und Kreuzsteine in Westfalen, 1963, S. 14-17, daraus: 2. A. Ludorff, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen (bearb.), Münster 1900, S. 3, Anm. 6 u. S. 99, 3. Burkhard Meier, Das Landesmuseum der Provinz Westfalen in Münster, Bd. I, Die Skulpturen, Berlin 1914, Nr. 7, Tafel II u. S. 14, 4. F. Tenhagen, Gesammelte Abhandlungen zur Vredener Geschichte, Coesfeld, 1939, S. 165, 5. Carl Krumbein, Der Herrgott von Bentheim, Veröff. des Nieders. Amtes für Landespflege u. Statistik, zugl. Bd. 46 d, Schriftenreihe Das Bentheimer Land, Bremen-Horn, 1956, S. 31-39, 44-47, 6. F. Philippi, Landrechte des Münsterlandes, Münster 1907, S. 154 f., vollst. Wortlaut des Berichtes im Staatsarchiv Münster, Manuskript des Alt. Ver. 147, 7. Die Bau- u. Kunstdenkmäler in Ahaus, Stand 2011, Denkmal, Ton Steenern Crüce, Wüllen, bei Unterortwick 6, 1909

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