standort marktplatz blickrichtung osten

Markt Wonsees, Lkr. Kulmbach, Ortskern, Ostseite des Marktplatzes, Prangerstein

prangerstein wonsees andere seite
kopie lit. k. dill 1984

Obertägige Maße: Höhe 1,60 m, Br. u. 0,30, T. u. 0,30, die arg ausgewitterte stelenartige Sandsteinsäule mit quadratischem Grundriss weist etwa mittig eine reparierte Bruchstelle auf; beidseitig mehrere kerbförmige Eintiefungen, die unverkennbar als Abwetzmale mittelalterlicher Hieb- und Stichwaffen deutbar sind sowie beidseitig mehrere lochartige Vertiefungen - Ansichtsseite markant im Kopfbereich - die als ebenfalls eindeutig als Abriebsmale deutbar sind; beide Sachverhalte gehen auf mittelalterliches Brauchtum bzw. Aberglauben zurück - Waffen wurden an heiligem Gestein durch Abwetzen geschärft, verbunden mit vermeintlicher ‘Kraftübernahme’ (Flurdenkmale, aber auch an Kircheneingängen), Steinmehl wurde abgerieben und in Speisen und Arzneien beigemengt, zur angeblichen Heilung von Krankheiten aller Art für Mensch und Tier, s. Einf.; ob es sich hier wirklich ursprünglich um einen Prangerstein handelt sei dahingestellt, denkbar wäre auch ein einst freistehendes Flurdenkmal von unbekanntem Zweck bzw. Stelle herbei geholt (Verf.)

Karl Dill
PRANGER IN NORDBAYERN
Pranger, - was ist das und gibt es noch welche? Im Mittelalter, besonders im 14. und 15. Jahrhundert, erhielten vom Kaiser viele
Orte das Stadtrecht und damit meistens auch das Halsgericht.Viele kleinere Orte und Grundherren besaßen die niedere Gerichtsbarkeit. Zum Niedergericht gehörte u.a. auch der Pranger. Meistens war am Rathaus eine steinerne Konsole eingemauert und darüber ein verschließbares halbrundes Eisen, das sogenannte Halseisen, angebracht.Es gab aber auch einfache Holzpfosten, den sogenannten Schandpfahl, oder auch halbhohe Steinsäulen. In der Oberpfalz finden wir in Weiden an der Westseite des Rathauses in 185 cm Höhe einen Prangerstein und ca. 150 cm höher gleich drei Halseisen nebeneinander. Für die zwei äußeren Eisen sind keine Standsteine vorhanden. Vielleicht wurden diese Eisen
beim Umbau des Rathauses 1917 angebracht oder es führten einmal Steinstufen hinauf. In Grafenwöhr (NEW) sehen wir ebenfalls an der Westseite des Rathauses einen Prangerstein in 270 cm Höhe und darüber ein Halseisen. Man fragt sich, wie ein Mensch dort hinauf kam. Wenn keine Steintreppen vorhanden waren, dann über eine Leiter, wie es auf einer Abbildung in einem Schulbuch von 1835 zu sehen ist. Auf einer Steinplatte am Hauseck steht ein Mann mit einem umgehängten Schild (worauf die Missetat steht) und am Stein lehnt eine neunsprossige Leiter. In der Beschreibung der verschiedenen Strafen steht u.a. auch: "Die, denen man das Leben schenkt, werden an den Pranger gestellt, ausgestäupt, gebrandmarkt, verwiesen, oder auf die Galeeren, oder zur ewigen Gefangenschaft verurteilt." Dies schrieb man noch 1835 in Reutlingen, wo dieses Buch für die
Jugend gedruckt wurde ^) . Die Standsteine waren manchmal auch extra hoch angebracht, damit niemand den Stein bzw. Delinquenten berühren konnte, sonst wurde man entehrt, denn in manchen Gegenden wurden auch solche, die zum Tode verurteilt waren, erst an den Pranger gestellt. Durch die Säkularisierung wurden 1805 in der Oberpfalz die Ober- und Niedergerichte abgeschafft. Ein paar Jahre später, als auch Franken zu Bayern kam,wurden neue Kreise, staatliche Amts- und Landgerichte gebildet. Ein Gesetz vom 4. Juni 1848 beseitigte die Patrimonialgerichte.
Es gibt aber auch an Kirchen Pranger. In Reutles, Stadt Nürnberg, ragt in 145 cm Höhe ein Stein aus der Wand der evangelischen Kirche, links neben dem Kirchenportal, und 130 cm höher ein halbes Halseisen. In Baiersdorf (Mittelfranken) war an der Ostseite des Rathauses ein Pranger mit Steinstufen, überm rechten Eingang steht jetzt nur noch zur Erinnerung "Pranger". In Hallstadt (Oberfr.) ist in der Rathauswand in 160 cm Höhe vom Boden aus ein Halseisen mit einem alten, dreieckigen Schloß befestigt. An der nahen Kirche steht ein "Büßerstein", ein Erbärmdechristus vor dem Kreuz aus der Zeit um 1400. Nach einer Notiz von 1418 wurde hier die öffentliche Buße verrichtet.In Dettelbach (Unterfranken) befindet sich am Treppenaufgang zum Rathaus ein besonderer Pranger, kurz überm Boden ein kleiner Standstein und weiter oben ein vorragender Stein mit Satteldach, runder Vertiefung für den Kopf und ein Halseisen. 1674 wurde laut Inschrift dieser Pranger vom Rat der Stadt errichtet.
Eine andere Art von Pranger ist die freistehende Steinsäule, wie man noch eine solche in Wonsees (Oberfranken) findet. Am Marktplatz steht die verwitterte, 160 cm hohe Sandsteinsäule; die Löcher für ein Halseisen sind noch zu erkennen. Solch ein Prangerstein ist abgebildet in der Bamberger Halsgerichtsordnung von 1508. Erst nach 1945 verschwand ein Halseisen in Neustadt am Kulm (NEW). Es gibt noch einen Pranger in Luhe (NEW) am Rathaus. Im fränkischen Gebiet sollen noch Pranger sein in: Schlüsselfeld (OFr), Aufkirchen, Langenzenn, Windsbach (MFr), Aub, Bieberehren, Burgstadt, Ochsenfurt, Remlingen, Wipfeld, Erbach (UFr). Wer kennt noch solch ein Überbleibsel aus dem Mittelalter?

Quellangaben: Lit.: 1. Karl Dill, Flurdenkmäler im Landkreis Kulmbach, Lkr. Kulmbach 1984, S. 183-184, Nr. 275 m. Abb. (Kopie), 2. Karl Dill, Pranger in Nordbayern, in: Beiträge zur Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz, 6. Jg., 1983, S. 25-27 (Herausgeber Arbeitskreis für Flur- und Kleindenkmalforschung in der Oberpfalz, AFO, Redaktion: Rainer H. Schmeissner, Buchdruckerei M. Laßleben, Kallmünz, Textkopie), Internet: 1. ...wikipedia.org-wiki-Liste der Baudenkmäler in Wonsees: Am Marktplatz, Prangersäule Stein, vermutlich zweite Hälfte 14. Jh., Nr. D-4-77-164-15

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